19??: Alexander Markowitsch Donskoj, Sohn von
M. S. Donskoj
Alexander Markowitsch Donskoj
Geboren: Jahrgang 1938
Sohn von Mark und Irina Donskoj
Zur Person:
Studium am "Moskauer Staatlichen Institut für Internationale
Beziehungen" (chinesische Abteilung)
Nach Abschluss des Studiums Anstellung bei der TASS
Arbeit für Rundfunkstationen und verschiedene Journale
Durch Familientradition aber immer stärkere Fixierung auf die Kinokritik
Mitglied der "Vereinigung der Kinoschaffenden" in Russland
2001 Ausreise nach Deutschland
Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum Potsdam, dem Radiosender "Stimme
Russlands", der "Berlinale"
Fernsehauftritte
Arbeit als Kinokritiker und Bewahrer des Erbes seines Vaters Mark Donskoj
Interview: Übersetzung:
PD Dr. Björn Seidel-Dreffke
Datum: Berlin, den 23. Oktober 2006
Alexander Donskoj, der Sohn des bekannten sowjetischen Regisseurs
Marks Donskoj, erinnert sich in einem Interview an Hans Klering.
Im Folgenden wird der Inhalt des Gesprächs zusammenfassend wiedergegeben.
Auszüge aus O-Tönen sind im Anschluss daran festgehalten.
Zusammenfassung:
An die Zeit, als Hans Klering in Filmen seines Vaters (u. a. "Nepokorennyje"
/ "Die Unbeugsamen") spielte, erinnert sich Alexander Donskoj
noch gut, obwohl er damals noch ein Kind war. Da oft bei den Filmaufnahmen
des Vaters zugegen, traf er dort auch "Onkel Hans", den er so
zu schätzen und zu lieben lernte. Besonders im Gedächtnis geblieben
ist ihm eine Episode, da beim Filmdreh eine Pause eingelegt werden sollte.
Alle Schauspieler verließen den Raum, in dem die Aufnahmen stattgefunden
hatten, rauchten oder nahmen eine Kleinigkeit zu sich. Nur Hans Klering
blieb weiter in der Pose liegen, die die Filmszene vorsah. Auf die Frage,
warum er sich nicht rühre, antwortete er, er dachte, es wäre
wichtig, damit der Film genau da wieder ansetzen könne, wo der Dreh
aufgehört habe. Diese Einstellung zeugte von Klerings hoher Professionalität
und Disziplin, die den künstlerischen Wert eines Films stets über
die eigenen Bedürfnisse stellte. Sehr beeindruckt hat Alexander Donskoj
auch diese starke emotionale Ausdruckskraft, mit der Klering auch die
kleinsten Rollen gestaltete.
Der Kriegsbeginn war für Klering schwierig. Alle Deutschen, egal
welcher Gesinnung, gerieten automatisch in den Verdacht der Kollaboration
mit Hitlerdeutschland. Als während eines Filmdrehs sich Flugszeuge
am Himmel zeigten, fragte Klering "Eto naschi?" ("Sind
das die unseren?"). Die sowjetischen Kollegen sahen ihn entsetzt
und zornig an, er aber erklärte unbefangen: "Ich meine doch
die unseren, die sowjetischen." Das konnte Klering dennoch nicht
vor dem Aufenthalt in einem Straflager im Jahre 1942 bewahren. Über
diese 8 Monate aber hat er immer geschwiegen, auch Alexander Donskoj kann
sich an keine Aussage dazu erinnern.
Doch es gab auch lustige Episoden. Klering mochte Kinder über alles
und tollte schon mal auch in den Drehpausen mit ihnen herum. Einmal stürzte
er dabei vom Dach. Es passierte zum Glück nichts und die Kinder waren
begeistert, wie humorig er diesen Sturz nahm und kommentierte.
Auch nach der Rückkehr von Hans Klering nach Deutschland blieb der
Kontakt zwischen Mark Donskoj und Klering erhalten. Die Familien verband
so eine Freundschaft fürs Leben. Alexander Donskoj ist auch heute
noch mit dem Sohn Klerings, Pawel, eng befreundet.
Alexander Donskoj erinnert sich, dass Klering, wenn er die Sowjetunion
besuchte, fast immer bei seiner Familie Station machte. Es war Hans Klering,
der empfahl, Alexander in eine Schule mit erweitertem Englischunterricht
zu geben, wofür dieser bis heute dankbar ist.
Doch es gab auch Gegenbesuche der Familie Donskoj in Berlin, So erinnert
sich Alexander immer wieder gern an seine Aufenthalte in Klerings Wohnung
am Strausberger Platz. So auch im Jahre 1973, als er mit einer Touristenreise
nach Berlin kam. Noch heute sieht er Klering vor sich, mit Hut und Zigarre,
ein imposantes Bild. Und die Menschen in der DDR kannten Hans Klering,
auf dem Wege zum Fernsehturm wurde er mehrmals von Passanten gegrüßt.
Das Wohlergehen seiner Freunde lag Hans Klering stets genauso am Herzen,
wie sein Beruf. So kümmerte er sich rührend in Berlin darum,
einen Koffer für die Mutter Alexander Donskojs zu besorgen, da diese
zu jener Zeit in der Sowjetunion Mangelware waren.
Alexander Donskoj sieht Hans Klering als großen Schauspieler, der
allerdings in der DDR seiner Meinung nach nicht genug Chancen erhielt,
sich wirklich zu entfalten. Da er auch die kleinste Rolle künstlerisch
auszufüllen wusste, zeugt von der absolut professionellen Einstellung
seinem Beruf gegenüber und auch von seinem Talent.
Zitate:
"Mich hat immer seine Liebe zur Schauspielkunst beeindruckt. Vor
der Kamera zu stehen, war für ihn das Größte."
"Er war dann vor allem in der DDR beschäftigt.
Der letzte Film meines Vaters, in dem er mitspielte, waren die Unbeugsamen'
im Jahre 1945. Dennoch blieb er einer der besten Freunde meiner Familie.
Wenn er uns besuchte, war dies für alle immer eine große Freude."
"Ich finde es schade, dass die Trennung von DDR und
BRD nicht 20 Jahre früher überwunden wurde. Ich bin tief davon
überzeugt, dass seine (Klerings) Schauspielkunst auch im anderen
Deutschland Anklang gefunden hätte. Damals konnte er nicht in der
BRD drehen, es waren eben andere Zeiten."
"Ich denke, Hans Klering wurde in der DDR nicht seinem
Talent entsprechend genügend in Filmen eingesetzt."
"Im Jahre 1979 kam ich mit einer Touristenreise in
die DDR. Hans empfing mich mit Hut und der obligatorischen Zigarre. Wir
begaben uns auf den Fernsehturm. Leider waren alle Plätze besetzt.
Wir traten aber an ein Fenster und er zeigte mir, dass man von dort auch
die Lichter Westberlins sehen konnte."
"Als ich mit ihm durch die Stadt ging, wurde er ständig
von Leuten gegrüßt."
"Die letzten Lebensjahre waren schwer für ihn.
Denn physisch ließen seine Kräfte nach. Aber er spürte
auch eine schöpferische Einsamkeit'. Er sagte zu mir: Bald
werde ich dort Mark und Irina treffen."
|