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Gerda und Joseph Pilar

 

Gerda Pilar

Geboren: Jahrgang 19??

Zur Person:
Journalistin / Rentnerin
Zu DDR-Zeiten u. a. Redakteurin der Zeitschrift "Presse der Sowjetunion"
Gemeinsam mit ihrem Mann längerer Arbeitsaufenthalt in China

Joseph Pilar (Pepi)

Geboren: Jahrgang 19??
Gestorben: 2006

Zur Person:
Zu DDR-Zeiten u. a. Journalist und Abteilungsleiter bei der Zeitschrift "Horizont"
Gemeinsam mit seiner Frau längerer Arbeitsaufenthalt in China

Interview: Übersetzung: PD Dr. Björn Seidel-Dreffke
Datum: Berlin, den 20. März 2006

Gerda Pilar erinnert sich in diesem Interview an Hans Klering. Das Gespräch behandelte einerseits Eindrücke vom "Menschen" Hans Klering und andererseits Erinnerungen an dessen politische Einstellung.
Im Folgenden wird der Inhalt des Gesprächs zusammenfassend wiedergegeben.
Auszüge aus O-Tönen sind im Anschluss daran festgehalten.

Zusammenfassung:
Frau Pilar und ihr Gatte Joseph Pilar waren schon seit den 1950er Jahren mit Hans Klering befreundet. Diese Freundschaft ergab sich einerseits beruflich und andererseits durch die räumliche Nähe der Wohnungen.
Besonders beeindruckt hat das Ehepaar Pilar von Anfang an die große Bescheidenheit Hans Klerings. Er verfügte weder über einen Fernsehapparat, noch ein Auto, Waschmaschine oder Kühlschrank. Wenn er zu weit entfernten Außendrehs fahren musste, blieb ihm nichts übrig, als sich mit einem Auto der DEFA abholen zu lassen. Ein wenig habe Klerings Leben an das eines Einsiedlers erinnert, ein "moderner Mensch" im heutigen und auch damaligen Sinne sei er nie gewesen.
An den Tagen, da er keine Drehs hatte, lebte Klering sehr zurückgezogen. Er ging kaum zu seinem Vergnügen aus. Wenn er sich aus dem Hause begab, dann aus familiären Gründen oder um seinen ehrenamtlichen Verpflichtungen nachzugehen (Klering war lange Jahre im Vorstand des Philatelistenverbandes und seiner DSF-Ortsgruppe und im Kulturbund tätig). Hier bewies er oft seine schauspielerische und überhaupt künstlerische Kreativität, indem er Liedtexte und Gedichte zu verschiedenen Anlässen schuf und diese auch alle selbst zum Vortrag brachte.
Wenn er ausging, gehörte das Restaurant "Baikal" zur seinen Lieblingsgaststätten. Sein Lieblingsgericht war Forelle mit Kartoffeln, wobei er auch eine Gute Gemüsesuppe niemals verschmähte.
Ansonsten widmete er sich seiner Lektüre, wobei die russische Klassik einen ganz wichtigen Stellenwert einnahm. In der Wohnung Hans Klerings gab es Bücherregale, die fast alle Wände bedeckten, und darüber hinaus hatte er zahlreiche Zeitschriften abonniert. Meistens las er allerdings nachts und schlief dann am Tage gerne lange.
Er hatte wenige wirklich enge Freunde, mochte aber seine Schauspielerkollegen, über die er sich nur positiv äußerte. Besonders hoch schätzte er Günther Simon und Erwin Geschonneck.
Eine neue Wendung in seinem Leben gab ihm schließlich seine langjährige Beziehung zur Schauspielerin Else Korén, mit der er aber nie in einer Wohnung zusammenlebte.
Über Politik habe sich Hans Klering im Freundeskreis wenig kritisch geäußert. Wenn es zu Diskussionen kam, gab sich Klering DDR-konform. Er vermied es dabei auch, auf politisch "problematische Abschnitte" des eigenen Lebens einzugehen. So erzählte er kaum über seine Arbeit mit der "Kolonne Links" in den 1930er Jahren und über deren Schicksal während der Stalinzeit. Es kann deshalb nicht eindeutig gesagt werden, inwieweit er vom tragischen Leidensweg seiner ehemaligen Mitkollegen wusste. Es scheint aber ein Treffen mit Helmut Damerius (ehemaliger Leiter der "Kolonne Links") gegeben zu haben. Über ein Treffen mit Hans Hauska (ehemaliger Komponist der "Kolonne Links") ist nichts bekannt.
Über die Hintergründe seines Abschieds aus dem DEFA-Vorstand hat er nie gesprochen. Laut seiner Berichte habe es ihm Wilhelm Pieck geraten, wieder als Schauspieler zu arbeiten.
Nach Klerings Aussage handelte es sich allerdings bei dem Papier, welches ihm am 17. Mail 1946 als Lizenzurkunde zur DEFA-Gründung von der Sowjetischen Militäradministration übereicht worden sei, nur um einen leeren Bogen. Zur Frage, ob noch eine "echte Urkunde" nachgereicht worden sei, gibt es keine erinnerten Aussagen Hans Klerings.
Eine für Klering bedrohliche Episode aus der Zeit der SBZ in den 1940er Jahren aber berichtete er seinen Freunden. So sei er des Nachts zusammen mit anderen aus der Sowjetunion ausgereisten ehemaligen Emigranten (u. a. Leon Nebenzahl) von der SMAD abgeholt und auf Lastwagen verladen worden. Die Personen wurden verhört. Klering habe sich nicht gefürchtet, da er überzeugt gewesen sei, es müsse sich um einen Irrtum handeln. Er habe sich auch dahingehend geäußert und die Personen seien am nächsten Tag wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Zitate:
"Die Zeit, die er im Arbeitslager war, darüber hat er nicht gesprochen. Er hat ein Manuskript über sein Leben verfast, welches er als Buch veröffentlichen wollte ... dort hat er diese Zeit ausgelassen ... es waren die schönsten Jahre seines Lebens in der Sowjetunion ... er wollte sich diese Zeit und die Erinnerung daran nicht kaputt machen lassen."

"Er war nicht unkritisch, aber seine Kritik richtete sich nicht gegen das System."

"Dass er lieber wieder als Schauspieler arbeiten solle, nicht als DEFA-Direktor, habe ihm Wilhelm Pieck geraten, der habe zu ihm gesagt: ‚Mensch, Hans, Du bist Schauspieler, das kannst Du!'"

"Er hat auch über seine Mitstreiterkollegen von der "Kolonne Links" mit uns nicht gesprochen."

"Er hatte eine enge Beziehung zu seiner Mutter, die bis zum Schluss bei ihm in der Wohnung lebte. Hans hat sich rührend um seine Mutter gekümmert. Die Mutter war eine richtige Arbeiterfrau, Näherin, die hat alles für ihren Sohn gemacht."

"Er lebte dann sehr zurückgezogen."

"Wir haben Weihnachten, Ostern, Pfingsten bei Elsa Korén gefeiert. Und da war er immer mit dabei. Obwohl Hans eigentlich selbst keine Familie wollte. Die Elsa wollte das sehr, aber er wollte alleine bleiben."

"Als Hans starb, wollte man das Elsa nicht sagen, sie war damals schon krank und starb kurz darauf."

"Er hat immer gesagt, wenn er nicht Schauspieler geworden wäre, wäre er Grafiker geworden."

"Eines steht fest, dass ... Er war in der Sowjetunion bekannter als hier." (als Schauspieler)

"Um seine Schauspielerkollegen zu prüfen, wollte er sich immer Geld von ihnen leihen, da war er wie ein Kind. Wenn ihm jemand kein Geld gab, war er bei ihm unten durch ... er brauchte das Geld nicht."

"Die großen Hauptrollen hat er nicht bekommen. Die Rolle in ‚Die letzte Heuer', um diese Rolle hat er gekämpft. Er hätte alles dafür getan. Da das im Film Dargestellte auch irgendwie sein Leben war. Er spielte sein Leben."

"Hans war ein sehr bescheidener Mensch in seiner Lebensweise. Er hatte noch die alten Küchenmöbel von seiner Mutter. Die Wohnzimmermöbel waren von der UFA ... er war kein moderner Mensch, auch in der Kleidung nicht, aber immer sauber und gepflegt."

"Er las viel. Er hatte eine ganz tolle Bibliothek. Er hat auch gezeichnet, aber sehr viel gelesen."

"Er ist ausgezeichnet worden mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold. Das hat er so ausgiebig gefeiert, da ist er die U-Bahn-Treppe hinuntergestürzt, und wurde ins Krankenhaus gebracht, mit dem Gold an der Brust."

"In den letzten Jahren war er oft bei uns, da er keinen Fernseher hatte. Er hatte aus Prinzip keinen. Er hing sehr am Alten. Er hat das geehrt, gewürdigt, seine alten Sachen."

 

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